„Es war schon immer mein Traum, Ziegen zu haben“, sagt Linus Sedlak und genießt sichtbar glücklich seine kleine Herde, die bimmelnd auf saftigen Wiesen weidet. Immer wieder stattet dem 18-jährigen eines seiner Tiere einen Besuch ab, einige von ihnen schmusen regelrecht mit ihrem Hirten.
„Dafür lebe ich. Neben der Musik ist das mein größtest Hobby“, meint Sedlak, der musiktechnisch in die Fußstapfen seines Vaters (Martin Sedlak, alias Flake) getreten ist. Welche Instrumente er spielt? „Alle, außer Klarinette.“ Und bei seiner Aufzählung fehlt dann tatsächlich nicht viel. Trompete, Flügelhorn, Bariton, Schlagzeug, Posaune und Akkordeon hat er im Angebot und muss grübeln, ob er noch etwas vergessen hat. Schon längst macht er auch Unterhaltungsmusik auf Festen, etwa mit den „Schwarzwälder Luusbuebe“. Und dennoch war das Geschenk zum 18. „von meinen besten Kollegen“, was hier nach gut Schwarzwälder Art als Synonym für „Freunde“ benutzt wird, ein Ziegenbock.
Wo kleine Landwirtschaften seit vielen Jahren geschlossen werden, baut sich dieser junge Mann eine auf, aus dem Nichts. Denn Linus Sedlaks Eltern haben keinen Hof betrieben. Das ist mit ein Grund für seine Viecherwahl. „Für Rinder habe ich zu wenig Platz. Aber ich mag Ziegen auch sehr. Die sind irgendwie wie wir. Jede hat einen anderen Charakter. Manche sind frech und unglaublich neugierig und andere scheu.“
Bis dato war Linus Sedlak mit Hasen und Hühnern in Schach gehalten worden. „Viecher wollte ich eigentlich immer haben.“ Die Begeisterung der Eltern habe sich in Grenzen gehalten, als er kurz vor seinem 18. Geburtstag ankündigte, sich nun endlich mit seinem Traumthema „Ziegen“ zu beschäftigen. „Aber ich bin genauso stur wie meine Ziegen, deshalb mag ich sie vielleicht auch so“, so Linus Sedlak. Und natürlich hat er sich durchgesetzt. Zupass kam ihm die allgemeine Beliebtheit der Tiere. „Weiden gibt es auf jeden Fall genug, ich komm gar nicht überall hin, wofür ich angesprochen werden“, sagt er.
Als Landschaftspfleger sind Ziegen beliebt bei Grundbesitzern. Sedlaks Ziegen halten hier die kleinen Halden eines Bächleins frei.
Als Landschaftspfleger sind Ziegen beliebt bei Grundbesitzern. Sedlaks Ziegen halten hier die kleinen Halden eines Bächleins frei. | Bild: Gudrun Deinzer
Derzeit grasen die Tiere – sehr zur Freude des Grundbesitzers – beispielsweise an einem Bächlein, das immer wieder droht, zuzuwuchern. „Wenn die hier fertig sind, sind die Halden wieder frei.“ Ganz unschuldig sind die Eltern nicht an Linus Sedlaks Leidenschaft: „Wir haben im Allgäu immer Urlaub auf dem Bauernhof gemacht und das hat mir immer super gefallen.“ Das Landleben, nahe an anderen Bauernhöfen, tut sein Übriges: „Ich könnte mir nie vorstellen in der Stadt zu wohnen, wir haben es so schön hier, das gibt man doch nicht auf. Es ist die Idylle, die es ausmacht.“
Natürlich macht Linus Sedlak seine kleine Landwirtschaft, noch jedenfalls, im Nebenberuf. Gerade hat er eine Schreinerlehre abgeschlossen mit dem Gesellenbrief. Stolz erzählt er, ein gutes Gesellenstück abgeliefert zu haben, eine Truhe für Musiknoten. Aber er gibt auch zu: „Ich wollte Schreiner werden, von der Schule weg und habe bei der Lehre festgestellt, dass ich wahrscheinlich nie super werde in dem Beruf. Das Feinmotorische liegt mir nicht so sehr. Aber ich habe die Lehre abgeschlossen und kann jederzeit darauf zurückgreifen“, sagt Linus Sedlak. Etwa wenn er einen Stall für seine Ziegen bauen muss, käme ihm das zupass oder auch bei anderen handwerklichen Arbeiten.
Alle seine Tiere haben einen Namen: Balu, Emil, Blässi, Enzian, Scheck, Sahne, Blümli, Tekla heißen sie. „Und dann ist da noch Adelburg. Der Name kommt von meinem Bruder, der auch einmal einen Namen raussuchen wollte. Ich weiß selbst nicht, wie er darauf gekommen ist.“ Seine Kenntnisse vertieft er mit Büchern.
„Viel lernt man auch vom Zuschauen, oder von den älteren Herrschaften, die sich damit auskennen. Wenn man da zuhört, kann man viel lernen.“ Auch wenn Linus Sedlak eine riesige Freude an seinen Tieren hat, die Zeit auf den Weiden mit ihnen genießt, „ich bin jeden Tag da“, muss für ihn ein solches Tier einen Nutzen haben. Schon fest im Blick hat er, welche Geiß und welcher Bock zur Nachzucht bleibt, welches er wann verkauft oder schlachten lässt. „Ich bin so aufgewachsen und so ticke ich vielleicht ein wenig altbacken. Meine Oma hat gemetzgert und mein Onkel hat gemetzgert und ich esse auch das Fleisch.
So lebe ich“, sagt Linus Sedlak, man könne schließlich nicht eine Millionen Tiere halten. Und ganz konsequent hat er nach der ersten Berufsausbildung eine zweite angefangen. Er lernt seit diesem September in einer Metzgerei in Neustadt.